DACCUSS-pre: CarbonFaserStein (CFS®) – CO2-negatives Bauen und Konstruieren

2. April 2025

DACCUSS Hauswandelement c Kolja Kuse, TechnoCarbonMaterialsQuelle: Kolja Kuse, TechnoCarbonMaterials

Was ist das Problem, mit dem ihr euch befasst? Worin besteht die Nachhaltigkeitsherausforderung?

Wir setzen uns dafür ein, Alternativen zu Stahl, Stahlbeton und Aluminium zu entwickeln. Alle drei Materialien sind mit Emissionen aus den Produktionsprozessen verbunden, weshalb es notwendig ist, diese möglichst zu ersetzen, um die Restemissionen bis spätestens 2050 auf null zu reduzieren. Ein besonderes Ziel auf dieser Agenda ist die Abschaffung des Kalksteinbrennens, das für die Zementherstellung notwendig ist.

Kolja Kuse, TechnoCarbonMaterials

„Wir haben das Bauen mit Stein neu erfunden und das hat erstaunliches Potenzial zu Tage gefördert: eine neue Dimension in Richtung CO2-Negativität.“

Kolja Kuse

Leiter CFS® – Anwendungsentwicklung und CEO von TechnoCarbonTechnologies

Was ist euer Lösungsansatz / die Innovation?

CarbonFaserStein (CFS®) heißt ein neuer Verbundbaustoff aus mehr oder weniger dünnen Steinplatten, auf deren Rück- und gegebenenfalls auch Vorderseite ein zugfestes, millimeterdünnes Gewebe aus Kohlenstofffäden (Carbonfasern) aufgebracht ist. Dieses Gewebe macht die Platten aus Granit-, Basalt, Kalk- oder Gabbrogestein extrem druckfest und belastbar. So eignet sich das Verbundmaterial gut für jegliche Art von Leichtbau, beispielsweise als Stahl- oder Betonersatz. Selbst Aluminium kann damit ersetzt werden, die Platten können bis zu 1-2mm dünn geschnitten werden.

Im Verlauf des vom BMBF geförderten Projektes DACCUSS-pre sollte nachgewiesen werden, dass der Bau einer Hauswand aus CFS® CO2-negativ sein kann:

  • Werden die Carbonfasern aus Biomasse hergestellt – beispielsweise aus dem Öl hochproduktiver Mikroalgen aus dem Meer oder aus Lignin, das bei der Herstellung von Papier anfällt, speichern sie den Kohlenstoff, welchen die Algen oder die Bäume zuvor mithilfe der Photosynthese dem Meerwasser oder der Atmosphäre entnommen haben. 1 kg Algenmasse bindet circa 1,8kg atmosphärisches CO2.
  • Bei der Herstellung von bestimmten Steinplatten aus zum Beispiel Gabbrogestein entsteht ein feines Gesteinsmehl als Nebenprodukt mit einer besonders hohen CO2-Aufnahme von 450g CO2-Absorption pro kg Steinstaub, der bei dem Schneiden der Steinplatten als Reststoff abfällt. Wird dieses Gabbromehl auf Acker- oder Grünland ausgebracht, bindet es im Zuge seiner chemischen Verwitterung CO2 aus der Atmosphäre (beschleunigte Verwitterung). Gleichzeitig kann es die Bodeneigenschaften durch den Eintrag der Mineralien deutlich verbessern.

Im Projekt wurde zwischen den beiden Steinplatten aus Gabbrogestein Pflanzenkohle als Dämmstoff eingebracht. Mithilfe der Carbonfasern, dem verwitternden Steinstaub und der Pflanzenkohle können circa 60 kg CO2 pro Quadratmeter Hauswand längerfristig gebunden und gespeichert werden.

Es wurden mehrere kleinskalige (Maßstab 1:5) Prototypen einer Hauswand aus CFS® und Pflanzenkohle gebaut und erfolgreich mechanisch und auch auf den Brandschutz hin getestet.

Die Ergebnisse zeigen, dass für eine negative CO2-Bilanz der Bauteilherstellung vor allem zwei Faktoren entscheidend sind: die Verwitterung des Steinabfalls und die Isolation aus Pflanzenkohle. Ob die Carbonfasern dabei aus Erdöl hergestellt werden oder aus dem Öl kultivierter mariner Mikroalgen oder anderer kohlenstoffreicher Biomasse, wie Lignin, spielt dabei derzeit eher eine untergeordnete Rolle, da der Anteil vergleichsweise klein ist. I

Die im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes CDRterra ist die DACCUSS Hauswand weiterentwickelt worden und hat den diesjährigen JEC Award 2025 in der Kategorie „Building and Civil Engineering“ gewonnen. In dem Projekt waren namhafte deutsche Forschungseinrichtungen und Entwicklungs-Firmen beteiligt. DACCUSS ist das Acronym für Direct Air Carbon Capture, Utilization and Sustainable Storage of CO2.WEL

Was ist der Impact?

Würden in Deutschland jährlich 400.000 Wohnungen aus dem neuen Verbundbaustoff errichtet werden, könnte man ersten Berechnungen von DACCUSS-pre zufolge durch die Herstellung und die Verwendung von Wand- und Deckenelementen aus CarbonFaserStein und Pflanzenkohle bereits heute pro Jahr mehr als 6 Mio t Kohlendioxid binden und langfristig speichern, bei der Verwendung von rein erneuerbarer Energie bis zu 10 Mio t. Da die Emissionen der sonst verwendeten Zement- und Stahlmaterialien für den Bau der Wände entfallen, würden nach heutigem Stand dabei zusätzlich über 6 Mio t Kohlendioxid vermieden. Neue Verbundbaustoffe wie zum Beispiel CarbonFaserStein bieten auch in anderen Anwendungsbereichen durch den Steinstaubabfall ein nennenswertes CO2-Entnahme- und Speicherpotenzial. Sie lassen sich vergleichsweise leicht im industriellen Maßstab herstellen.

  • DACCUSS Hauswandelement c Kolja Kuse, TechnoCarbonMaterialsQuelle: Kolja Kuse, TechnoCarbonMaterials

Weitere Infos auf der Website von DACCUSS-pre

DACCUSS-pre: CarbonFaserStein (CFS®)
Beatrix Immig

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