Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile

7. Mai 2024

Fraunhofer-Institut, Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile, Jana WinkelmannQuelle: Fraunhofer-Institut WKI

Was ist das Problem, mit dem ihr euch befasst? Worin besteht die Nachhaltigkeitsherausforderung?

Nichtmetallische Bewehrungen von Betonkörpern werden derzeit häufig aus unterschiedlichen, synthetisch erzeugten Fasern hergestellt – zum Beispiel aus Glas- oder Carbonfasern. Eine ökologische Alternative zu den synthetischen Fasern stellen Flachs- oder andere Naturfasern dar. Diese sind vielerorts verfügbar und nachhaltiger, unter anderem aufgrund ihrer nachwachsenden Rohstoffbasis, den Vorteilen im Recycling und dem geringeren Energiebedarf in der Herstellung. Hier haben wir in unserem Forschungsprojekt gemeinsam mit der Hochschule Biberach und dem Industriepartner FABRINO GmbH & Co. KG angesetzt. Unser Ziel war nachzuweisen, dass sich Bewehrungen aus Naturfasern für den Einsatz im Bau ebenso eignen wie synthetische Fasern. Das Projekt, mit einer Laufzeit vom 9. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2022 wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt DBU gefördert.

Fraunhofer-Institut, Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile, Jana WinkelmannQuelle: Fraunhofer-Institut WKI

„Textilbetone ermöglichen leichtere und schlankere Konstruktionen und bieten daher architektonische Spielräume für zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Durch den Einsatz biobasierter Werkstoffe kann zusätzlich die Nachhaltigkeit erhöht werden.“

Jana Winkelmann (M. Sc.)

Technische Textilien, Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

Was ist euer Lösungsansatz / die Innovation?

Wir haben am Fraunhofer WKI mit einer Doppelgreifer-Webmaschine Drehergewebe aus Flachsfasergarn hergestellt. Um die Zugfestigkeit, Dauerhaftigkeit und Verbundhaftung zu verbessern, wurden die Flachsgewebe beschichtet. Im Beschichtungsverfahren konnten wir ein gängiges petrobasiertes Epoxidharz erfolgreich durch eine zum Teil biobasierte Tränkung ersetzen. Ein großer Anteil (56%) der molekularen Struktur des verwendeten Epoxidharzes besteht aus Kohlenwasserstoffen pflanzlichen Ursprungs und kann somit die CO2-Bilanz verbessern.

Textile Bewehrungen haben grundsätzlich eine Reihe von Vorteilen. So weisen sie eine deutlich reduzierte Korrodierbarkeit bei gleicher oder höherer Zugfestigkeit als Stahl auf, so dass das notwendige Nennmaß der Betonüberdeckung reduziert werden kann. Dies führt bei gleicher Tragfähigkeit häufig zu geringeren erforderlichen Querschnitten. Textile Bewehrungen aus synthetischen Fasern wurde bereits umfangreich erforscht und in die Anwendung gebracht, wohingegen das Tragverhalten von textilen Bewehrungen aus Naturfasern in Betonbauteilen noch nicht im Detail untersucht wurde.

Am Fraunhofer WKI erfolgte die Gewebeentwicklung, -herstellung und -beschichtung, auf deren Basis verschiedene Gewebe als Grundlage für die Probekörper bereitgestellt wurden. An der Hochschule Biberach testeten unsere Partner dann das Verbund- und Zugtragverhalten sowie das einachsige Biegetragverhalten von Betonbauteilen mit textiler Bewehrung aus Flachsfasern. Es zeigte sich, dass sich naturfaserbasierte Textilbetonbauteile mit einer teilbiobasierten Tränkung grundsätzlich eignen, da eine signifikante Erhöhung der Bruchlast im Vergleich zu unbewehrten und unterbewehrten Betonbauteilen als auch fein verteilte Rissbilder erkennbar waren. Die Kurven der Spannungs-­Dehnungs-Diagramme konnten in drei für bewehrte Dehnkörper typische Bereiche unterteilt werden (Zustand I – ungerissen, Zustand IIa – Erstrissbildung und Zustand IIb – abgeschlossenes Rissbild). Die Abgrenzung der Bereiche ist mit zunehmendem Bewehrungsgrad deutlicher.

Was ist der Impact?

Insgesamt kann der Einsatz von Naturfasern durch geringere Betonüberdeckung sowie durch Substitution bzw. Ergänzung von Stahl und synthetischen Fasern einen Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in der Bauindustrie beitragen. Durch die Nutzung regional oder europaweit verfügbarer, nachwachsender Naturfasern und eine teilbiobasierte Beschichtung kann der CO2-Fußabdruck der Bauindustrie weiter verbessert werden. Damit eröffnet sich eine Möglichkeit, zunehmend strengeren Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht zu werden.

  • Fraunhofer-Institut, Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile, Jana WinkelmannQuelle: Fraunhofer-Institut WKI

Weitere Infos auf der Website vom Fraunhofer-Institut WKI

Fraunhofer-Institut, Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile, Jana Winkelmann

Beitrag von
Gramatiki Satslidis

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satslidis@betonservice.de